Montag, 3. Juli 2017

Schniedelschau.

Laura Dodsworth ist die Mutige, Neugierige, eine fotografierende Vertreterin des weiblichen Geschlechts, auch Journalistin, die das Unmögliche möglich gemacht hat. Ein vielbeachtetesTabu hat sie durchbrochen, das Männlein wie Weiblein gleichermaßen erregt: Am 27. Mai 2017 durfte sie in der Samstagausgabe des britischen „Guardian“ hundert männliche Geschlechtsteile abbilden und kommentieren. Me and my penis, 100 men reveal all. Ein gewagter Titel, etwa so: Ich und mein Penis, 100 Männer enthüllen alles.



 Pornografische Anwandlungen kann man gerne beiseite lassen. Das Thema ist faszinierend genug, um ein ganzes Buch damit zu füllen: „Manhood“ (‚Mannheit’, jeder Penis erzählt eine Geschichte) soll jetzt auf den Markt kommen. Wie lange die Deutschen auf eine Ausgabe in der Sprache Goethes warten müssen, wissen wir nicht. Das deutsche Verlagswesen ist immer noch dynamisch genug, Weltbewegendes schnell und übersetzt herauszubringen. Lauras Artikel im Guardian, eine Art Zusammenfassung ihres Buches, gibt eine ganze männliche Welt frei, von der man weder als Mann noch als Frau je gehört hat.


The Guardian
Man stelle sich die prüden Vereinigten Staaten vor, in denen zwar massenhaft Pornos für die ganze Welt produziert werden, wobei aber weder Hollywood noch sonst eine Filmfirma es wagen können, das männliche oder weibliche Geschlecht oder einen nackten Liebesakt offen zu zeigen. Nun, es ist auch für Europa recht ungewöhnlich. Was die 100 Männer enthüllen ist jedoch keineswegs obszön. Sie vermitteln im Guardian in 4 Blocks von je 25 fotografierten Mannsteilen einen Einblick in eine schüchtern und verschämt verborgene männliche Welt, von der man höchstens ungenaue Ahnungen hatte. Es stellt sich schnell heraus, dass Mann am wenigsten über sich selbst weiß.


Der Schöne von Dodsworth (The Guardian) 

Der Hetero-Mann, zum Beispiel, scheint fast keine anderen Penisse als den eigenen je gesehen zu haben. Frauen scheinen da besser zu liegen. Was diese 100 Schniedelbesitzer zu berichten haben, ist recht vielfältig und wissenswert. Wenn ein junger Theologe den ersten ‚Dreier’ seines Lebens erlebt, oder eine zum Mann gewordene Frau durch viele langwierige Operationen sich ein besonders großes Geschlechtsteil aus eigenen Köperteilen erstellen lässt, dann gehört das eher zu den kuriosen Seiten des Buches. Was jedoch ein Mann fühlt, wenn sein Penis zu klein ist, oder er es glaubt, kann die Sache ganz traurig und das Leben zu einer Horrortour machen.

Laura Dodsworth (mit zwei Söhnen) hatte sich nach 20 Jahren Ehe von ihrem Mann getrennt und offensichtlich zu viele Fragen zur Männlichkeit unbeantwortet gesehen. Was ihr blieb, war die systematische Untersuchung des männlichen Wesens mit der Betonung dessen, was den Mann ausmacht: sein Geschlecht. Von heiter bis wolkig ist in ihren Erfahrungen alles dabei. Von  Selbstmordabsichten wegen fehlender Sexualität bis hin zur Sexsucht, die ein potentielles Opfer fast dazu brachte, das ‚Ding‘ per Messer zu entsorgen.


Mann oder Frau? Ciacometti ist das egal

Mehr Männer als sie sich vorstellte hatten Befürchtungen wegen ihres Penis. Während Laura etwa 10 Sekunden für das Fotografieren eines Mannes brauchte, dauerten die Gespräche unter vier Augen zwischen einer halben bis einer Stunde. Nach der Aufnahme fanden es die Männer leichter, über ihre Männerprobleme zu sprechen.


Als Mann muss ich zugeben, dass ich in solchen Dingen recht unbewandert bin. Ebenso katastrophal sieht es bei mir in Sachen Weiblichkeit aus. So sehr ich mich zum anderen Geschlecht auch hingezogen fühle, mein Unwissen über die andere Hälfte der Menschheit ist bestürzend. Es genügt für einen Mann also nicht, alles über sich zu wissen, oder „nur“ geliebt zu werden, nein, er muss auch der vielgeliebten weiblichen Toleranz teilhaftig werden können, sonst klappt die Sache vorn und hinten nicht. Nur soviel zum männlichen Geschlecht.

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