Montag, 1. Mai 2017

Nicht mein erster Erster Mai hier.

Sondern mein zweiter Erster Mai in Yorkshire. Nein, es klang nicht aus dem Walde, deher Mai ist gekohommen, die Bäuhäume schlagen aus. Sondern, weil es der Feiertag der arbeitenden Bevölkerung ist, wird ausgeschlafen. Noch fährt hier kaum ein Auto. Die britische Leitkultur macht keinen Unterschied zwischen Mai und April, der schnell zu Ende ging. Ein Tanz in den Mai könnte stattgefunden haben. Ach ja, der Tee ist Leitkultur und wird auch von der pakistanischen, chinesischen und italienisch-polnischen Wurzel mit Inbrunst getrunken. Auch Engländer tun dies, fast mit ein wenig Patriotismus. Sieht eher undeutsch aus.


Hingegen glaubte ich sofort an einen zu spät gekommenen Aprilscherz, als ich im Radio von Thomas de Maizières, seines Zeichens christdemokratischer Innenminister in Berlin, hörte, dass er nun seine 10 Thesen zur deutschen Leitkultur an die Wand der Bild am Sonntag genagelt hat. Ein untergegangener Liberaler namens Friedrich Merz (nicht April und nicht Mai) hatte dies mutadis mutandis schon im Jahr 2000 wo wohl? Ja, auch in der unsäglichen BamS, wenn ich mich recht erinnere, getan. Warum muss diese deutsche Daily Mail immer herhalten, wenn Konservative mit ihren Thesen die Pferde scheu machen wollen? Merz empfand damals, dass das Tragen von Kopftüchern an Schulen nicht akzeptabel sei und das Entstehen von Parallelgesellschaften fördere. Ich musste damals schon an die bayrischen Lederhosen denken (von denen ich als Kind stolz eine besaß), deren Untergang damit besiegelt schien. Oder, hat Herr Merz gar falsch Gedacht? Nein, so etwas!

Wo bleibt der Händedruck? 
Renate Künast, die Grüne, die offensichtlich ihren realitätsbezogenen Verstand immer noch nicht verloren hat, war dagegen. Das lässt auf eine deutsche Leitkulturleugnung hoffen. Herr de M.s neuerlicher Thesenanschlag lässt hingegen hoffen, dass der deutsche Bürger die Nase endlich voll davon hat, denn erster Punkt (de Maizière) sei das Händeschütteln und das Zeigen des Gesichtes (Wir sind nicht Burka, fügte er noch rätselhaft hinzu). Hier in England ist beides möglich, schütteln und nicht schütteln. Wohin dieser Leitkulturpunkt führen kann, hat unsere Angela kürzlich bei Trump erfahren müssen, der ihr den öffentlichen Händedruck verweigerte. Wie kindlich.

These drei: Wir lieben Leistung. Andere tun das nicht?

Teil 7: (wir übergehen gerne das ganz Banale) Wir haben eine Zivilkultur bei der Regelung von Konflikten.  Mamma mia, da hat er etwas losgelassen. Oder, habe ich wieder nicht richtig verstanden? Wieviele Deutsche haben Deutschen und Undeutschen schon die Köpfe eingeschlagen? Und, was übt die AfD gerade da verbal?

Le Pen 
These 9, die letzte für uns: Wir sind ein Teil des Westens. De Maizière, de Maizière, ich hatte Sie bislang für einen eher bedächtigen Kopf gehalten. Das ist jetzt vorbei. Vielleicht ist diese westliche Kultur gerade schuld an allem? Siehe Trump, Le Pen, Orban, Bernd Höcke und seine schwangere Parteigenossin Petry mit von Storch. Westliche Wertegemeinschaft als Grundpfeiler? Wir sind eine christlich-jüdische, tönte Merkel einst. Mir fehlten die Muslime, die es im Lande schon viel zahlreicher als die jüdischen Mitbürger gab.


Meine "deutsche" Leitkultur ist folgende: ich liebe Sauerkraut, finde das in Yorkshire aber nicht. Deshalb liebe ich jetzt auch Fish&Chips. Ich liebe meine Muttersprache, dazu noch Englisch, Französisch, Spanisch und Türkisch, das ich nur miserabel spreche. Ich liebe Maibock, wenn ich in Deutschland bin und Tiergärtner Ullenburg, den ich massenhaft nach England importiere. Ein köstlicher Wein aus dem Schwarzwald. Neben den Zeugen Jehovas habe ich auch nichts gegen Mormonen. Meine Freunde aus Utah wissen das. Der katholischen Kirche begegne ich mit Respekt, obwohl ich nicht verstehe, warum Frauen nicht Priesterinnen werden können. Bei Begrüßungen durch Nasereiben mache ich nicht mit, aber ein Händedruck, wenn die Pranke frei von Schmutz ist, kann nicht schaden. Ausländer sind für mich Mitmenschen. Es wäre schrecklich, wenn wir alle dasselbe glauben, lieben, schmecken, erleben müssten. Also, Thomas: lass das mit der deutschen Leitkultur. Es ist Humbug.




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