Donnerstag, 12. März 2015

Mein Migrationshintergrund

Nein, es ist nicht ganz so schlimm. Man stelle sich vor, der Büyük Baba wäre aus Ankara und die Oma auch. Eine richtig demütigende Schande für jemand, der sich als guter Deutscher fühlen möchte. Kanakenbrut und so. Dabei bin ich mir sicher, dass ein Opa aus Anatolien auch ein echt guter Opa sein kann. Nein, diese Diskussion führen wir nicht. Man muss bescheuert sein, so zu denken. Bei den Briten merkt man es am ehesten: es gibt so viele Engländer, die nicht wie Jack the Ripper aussehen, oder Lady Di, sondern wie jemand, der vor Generationen aus Afrika oder Indien entkommen ist. Diese offensichtlich exotisch aussehenden Briten werden nie gefragt, wo sie eigentlich herkommen. In Deutschland ist das noch so. Dafür möchte man sich schämen.

London?  
Das Schlimme an meiner Herkunft ist, dass ich weder stolz darauf bin, noch einen Grund sehe, mich dessen zu schämen. Es hat in meiner Familie, von der einige in den USA, andere in Großbritannien leben, nie Diskussionen darüber gegeben. Wenn man hört, welche Hasstiraden manchmal übers Internet losgelassen werden, merkt man schon, welch Potenzial dieses Internet birgt. Statt Humor zu verbreiten, oder harmlose Kommunikation wird hier mit allem abgerechnet, was Angriffsflächen bietet. Es ist ja auch kinderleicht. Schon unser Führer Adolf Hitler hatte das Hausrezept für üble Nachrede: Jude, Halbjude, Vierteljude, Untermenschen, Homos, Kommunisten. In meiner Dusseligkeit habe ich sicher etwas vergessen: Ach ja, Zeugen Jehovas und Ähnliche. Wir haben immer noch nicht über die menschliche Intelligenz gesprochen, sonst wäre uns aufgefallen, dass es die Dummheit ist, weshalb manche Dinge sich nie ändern werden.

Mir sagte einmal ein Grieche (das hat nichts mit den Geldforderungen des verzweifelten Hellas zu tun): Tu sais, je n'aime pas les allemands. Meine Antwort war: il y a des grecs que je n'aime pas non plus. So etwas kann man im Affekt mal sagen. Ich denke nicht daran, so etwas zu übersetzen. Was dieser Idiot nicht wusste, war, dass ich auch Verwandte in Griechenland hatte. Wenn sich jemand austoben möchte, soll er den Mut haben, den zu Beleidigenden anzuschauen und es ihm ins Gesicht
sagen. Diesen Mut hatte der Tropf, mehr aber nicht. Der Rest ist Feigheit. Das gilt natürlich auch für all die Griechen, die sich erlauben, Deutschland als ein faschistisches Feindesland darzustellen. Und für all die Deutschen, die gerade pauschal die griechische Korruption anprangern. Bei normaler Intelligenz kommt es zu solchen Verallgemeinerungen nicht.

Ausländische Wurzeln? 
Der Missbrauch des Internet ist allerdings ein Problem. Der Feigling sitzt an einem Rechner  und greift alles an, was er im richtigen Leben nie zu tun wagen würde. Und er bleibt (zunächst) ungestraft. Nationale Vorurteile sind jedoch schon lange gegenstandslos geworden. In England zumal, denn ein turbantragender Sikh oder eine irische Nonne fühlen sich ganz wie die "echten" Eingeborenen. Sie sind Londoner, oder Birminghamer oder sonst etwas, doch keine Ausländer. Diesen Unsinn gibt es nur noch in zurückgebliebenen Gesellschaften. Ein Auto, ein Flugzeug, sogar ein Fahrrad kann Menschen in alle Teile der Welt transportieren. Und das Vorzeigen eines Passes ist noch lange keine Pflicht. So kann es in Paris mehr Deutsche geben, als in Remscheid-Küppelstein. Wer weiß das schon.

Ich habe bisher in 5 verschiedenen Ländern gelebt. Meine Wurzeln könnten teilweise in Graz/Österreich angesiedelt sein. Der Nachweis des Ariertums war unter Adolf Hitler Pflicht. Man musste den Nachweis erbringen, als Familie die letzten 2 Jahrhunderte Arier gewesen zu sein. Das waren meine Vorfahren, teilweise in Österreich. Wie blöd ist das denn? Jetzt darf man wieder Jude sein, wenn man  will. Aber, was machen wir mit einer muslimischen Herkunft? Als Deutscher hatte ich noch nie ein Problem damit. Warum auch?




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