Sonntag, 10. März 2013

Mein Kampf

Ich vermute mal, dass der Buchtitel "Mein Kampf" nicht urheberrechtlich geschützt ist. Sollte er es doch sein, pfeife ich drauf. Der Autor war ein weltbekannter Verbrecher, der ein konkretes Ziel in seinem politischen Leben erreicht hat: er brachte Deutschland (damals noch relativ unschuldig) und Österreich (ein auf Kleinstaatdimension geschrumpftes Weltreich) im Rahmen eines lange gehegten Führertraumes unter dem Stichwort "Anschluss" zusammen. Ob gewaltsam oder unter Begeisterungsstürmen, da sind auch heute noch die Geister uneins. Er war Österreicher, und als Eroberer eher mit Napoleon als mit Bismarck zu vergleichen. Die Geschichtschreibung versucht immer noch, diesen Störenfried mit seinem ominösen Buch so gut es geht außen vor zu halten.


Da ich vor Jahren eine türkische Fassung dieses Werkes auf der Insel Zypern zu sehen bekam, fragte ich mich, was wohl der Sinn (und Zweck) einer andersprachigen Ausgabe sein kann. Blindes Vertrauen in einen, der nur große Töne gespuckt hat? Hatte der Autor uns damals etwas zu sagen? Womöglich heute? Ich erinnere mich: Am Ende des Krieges, der "Feind" war gerade durch unser Dorf gezogen und begann, Haus für Haus nach Verdächtigem durchzuforsten. Meine Mutter öffnete alle Fenster, um die Frühlingsluft ins Haus zu lassen. Auch der väterliche Bücherschrank wurde geöffnet und, siehe da, meine Mama brachte ein Buch zum Vorschein, das ich noch nie gesehen hatte: "Mein Kampf" soviel konnte ich schon lesen. Später hieß es, man habe das Buch geschenkt bekommen und ein Buch wurde kaum weggeworfen, wenn man es noch nicht gelesen hatte. Dieses wurde weggeworfen. Meine Eltern hatten es nicht gelesen.

Das Schlimmste was einem Buch passieren kann, ist, nicht gelesen zu werden

Dann, Jahre später, hatte ich Mühe, das einzige Exemplar der Universitätsbibliothek in Freiburg zu Gesicht zu bekommen. Ich konnte es nicht ausleihen, sondern musste es im Lesesaal Kapitel für Kapitel nachlesen. Ich verstand die Welt nicht mehr. Nicht nur stieß ich auf recht unvergorenes Zeug, das keiner Nachprüfung standgehalten hätte, nein, das Buch war voller grammatikalischer Fehler und stilistischer Ungereimtheiten, sodass mir sofort der Gedanke kam, nur geistig behinderte Adolffans konnten es überhaupt gelesen haben. So gesehen, kann "Mein Kampf" auch heute noch gelesen werden. Eine Gefahr wird davon nicht ausgehen, denn das Buch ist einfach grottenschlecht. Und beim Einmarsch in Österreich sollen auch nicht alle gejubelt haben. Jetzt sind die beiden Länder im europäischen Rahmen eigentlich ganz nahe beieinander. Was ist falsch daran?




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