Da denkt man, man kennt Europa, und wird plötzlich in ein Land verschlagen, das sich auf halbem Weg zum Balkan wähnt, und doch auch noch zu Mitteleuropa gehört: Kroatien, dessen Hauptstadt Zagreb an der Save liegt, jenem Fluss, der zumindest gefühlsmäßig Mittel- von Südosteuropa trennt, oder eher miteinander verbindet. Wie wenig man die bewegte Geschichte Kroatiens kennt, erfährt man schnell. Verwirrend ist sie, und sie beginnt vor über 900 Jahren. Papst Johannes Paul II feierte dies noch vor nicht langer Zeit mit über 1 Million Gläubigen in Zagreb. Dann kamen Sprünge, die man weitgehend überspringen muss, um sich nicht in einem Chaos historischer Wechselbäder zu verlieren. Nur so viel: Am Ende des Ersten Weltkrieges (1918) sagte sich Kroatien von jeglichen staatsrechtlichen Bindungen mit der ehemaligen Donaumonarchie Österreich-Ungarn los. Im Zweiten Weltkrieg war das Land zwar ein unabhängiger Staat, stand jedoch unter deutschem und italienischem Protektorat. Dann wurde es Teil von Jugoslawien, protestierte 1970-71 gegen die kommunistische Regierung in Belgrad, doch der sogenannte Kroatische Frühling wurde niedergeschlagen, und Kroatien nahm am Zerfall Jugoslawiens teil, genau wie die anderen Teile Jugoslawiens. Erst 1991 konnte das Land seine Unabhängigkeit wieder erlangen. Jetzt steht es vor dem Eintritt in die Europäische Union.
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König-Tomislav-Platz, Hauptstadt Zagreb |
Auf der Landkarte erinnert Kroatien an den Kopf eines Krokodils. Zagreb könnte das Auge sein, während die adriatische Küste den inselreichen Unterkiefer darstellt. Opatija, nicht weit von Rijeka entfernt, ist auch heute noch, was es vor über 100 Jahren schon war: die kroatische Riviera, Ferienort der Kaiser und Könige, der Künstler und der Reichen, mit einer hinreissenden Küstenpromenade von 12 km Länge. Cath wurde dorthin eingeladen, um eine Auszeichnung entgegenzunehmen, die von einer südosteuropäischen PR-Vereinigung für professionelle Kommunikationsarbeit verliehen wird.
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Die Ausgezeichneten |
Wir haben uns über diesen PRO-PR-Award 2013 sehr gefreut. Der Rahmen war großartig, die Veranstaltung perfekt durchgeführt, während einer Konferenz zu PR-Fragen, und alle Teilnehmer freuten sich über die Herzlichkeit dieses Ereignisses. Ich musste natürlich mitkommen. Der Sprung von Wien nach Zagreb war kurz, die Autofahrt nach Opatija (ca. 170 km) angenehm. Es lag noch viel Schnee, doch die Riviera empfing uns mit kräftigem Sonnenschein , eiskaltem Wind, der sich am nächsten Tag legte und ersten Frühlingsboten: Osterglocken, Gänseblümchen und die Vorahnung, dass in ganz wenigen Tagen der Frühling ausbrechen würde. Doch der Weg führte uns ganz schnell wieder zurück nach Zagreb.
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Tomo mit Enkel beim Frühstück |
Eine Übernachtung gönnten wir uns dort, denn wir wollten Tomo treffen. Einen alten Freund aus den Zeiten des Studiums in Freiburg. Tomo wurde durch seine Tochter Irena auf unseren Besuch vorbereitet. Abends noch erschien er im Hotel und nahm uns mit in die Altstadt. Wir überquerten den König-Tomislav-Platz, eine schöne Parkanlage, die an K.u.K.-Zeiten erinnert. Alles an dieser Stadt erinnert an etwas: Herrschaften, Kirchenfürsten, Minderheiten. Obwohl über 90% der Zagreber Kroaten sind, leben dort auch Serben, Bosniaken, Deutschsprachige, Ungaren, Slowenen, Tschechen, Ukrainer. Entsprechend ist die Hinwendung zu anderen Ländern. Keine andere Stadt hat soviele Städtepartnerschaften wie Zagreb. Um die 15 sind es. Dazu gehören Mainz, St Petersburg, Shanghai, London, Wien, Budapest, Pittsburgh. Das Agramer Tagblatt und die Agramer Zeitung, die beiden deutschsprachigen Tageszeitungen, sind verschwunden. Auch das Kriegsschiff, das den Namen "Zagreb" trug. Es wurde 1941 versenkt.
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Man spürt den Frühling |
Am Vormittag unseres Abfluges nach Wien besuchten wir mit Tomo dessen Tochter Irena, den Mann und die drei Kinder. Eine bosnische Familie wie aus dem Bilderbuch. Irena ist Dolmetscherin für Deutsch und Englisch, doch spricht sie auch andere Sprachen. Nach dem gemeinsamen Frühstück nahm uns Tomo in die barocke Altstadt, in die Gemäldegalerie, in den Dom. Am Spätnachmittag verabschiedeten wir uns: ich drohte Tomo damit, für eine Woche wieder zu kommen, um ihm endlich ein paar Grundregeln des Kochens beizubringen. Tomos Frau verstarb vor Jahren, und er hat zwar seine regelmäßgen Essplätze, doch das Kochen blieb für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Unglücklich scheint es ihn nicht zu machen, denn bei Irena und ihrem Mann wird gut gegessen. Für uns war es sicher nicht der letzte Besuch in Zagreb. Wie schön, dort einen alten Freund zu haben.
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