Dienstag, 13. November 2012

Sprachen machen alles kaputt

es sei denn, man lernt sie ordentlich. Die Muttersprache zuerst, denn sie verhilft zu einer Identität. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner hat die Wahlen in den USA nur deshalb knapp verloren, weil er die ethnische Entwicklung der letzten Jahre verschlafen hat: Millionen Lateinamerikaner, die Spanisch sprechen, Afroamerikaner, die sich bei Obama besser aufgehoben fühlen, haben das Zünglein an der Waage ausgemacht. Romney hat auf kräftige "weiße" Töne gesetzt. Das hat nicht mehr gereicht. Multikulti bestimmt künftig das politische Leben in Amerika. Von den Latinos haben 71% für den schwarzen Präsidenten gestimmt, von den Afroamerikanern gar 93%. Auch die Asiaten waren pro-Obama. Nur die Weißen haben mehrheitlich (59%) zu Romney gehalten. Fazit: unterschwellige Ausländerschelte kann sich Amerika nicht mehr leisten.

Das "Weiße" Haus

Im SPIEGEL vom 12.11.12 las ich, dass Los Angeles die größte thailändische Stadt außerhalb Thailands ist, und die zweitgrößte Spanisch sprechende Stadt der Welt. Im Stadtteil Queens, in New York, wird sogar bei kleinen Podiumsdiskussionen simultan in folgenden Sprachen gedolmetscht: Spanisch, Chinesisch, Bengalisch und Hindi. In Frankreich, wo die nationale Sprache immer schon Französisch war, wurden die regionalen Sprachen, Bretonisch, Elsäßisch, Katalanisch, Baskisch und Korsisch immer wieder hinausgeekelt, doch ohne Erfolg. Eine Muttersprache kann man nur auslöschen, nicht wegnehmen oder verbieten.

Hier in Karnataka spricht man Kannada

Indien hat zusammen mit Pakistan vermutlich  180 Hauptsprachen, über 500 Dialekte und keine Nationalsprache. Auch Englisch, die Verkehrssprache, gilt nicht als Amtssprache. Hindi, eine indoarische Sprache, wird von 422 Millionen Menschen gesprochen. Das sind 41% der indischen Bevölkerung. Telugu: 74 Millionen, Marathi 72 Millionen, Tamil 61 Millionen, Kannada 38 Millionen und Malayalam 33 Millionen. Doch das sprachliche Chaos ist noch viel größer: bei jedem Ortswechsel muss man mit dem Erlernen einer neuen Sprache oder eines Dialektes rechnen.

Nordfriesisch in Schieflage

Wie die Lage in Deutschland ist, vermag man nur zu schätzen. Sorbisch, Nordfriesisch, Dänisch sind kleine Spracheinheiten, die vom Fernsehdeutsch überlagert werden. Wieviele Menschen jedoch Türkisch sprechen, Arabisch, Spanisch, Polnisch, Russisch, Balkanisch, Persisch und Afghanisch, läßt sich auch nicht mehr leicht ermitteln. Unsere Identität als möglicherweise glückliche Bewohner unseres Landes kann nur bestehen, wenn wir die Muttersprache nicht mit teils sinnlosen Anglizismen füttern, sondern die Schönheit und unglaubliche Präzision der deutschen Sprache wiederentdecken. Eine Stößelschutzdichtung ist zwar keine Poesie, sondern ein Begriff, der irgendwann gebraucht wird. Nordic Walking wird nicht gebraucht, denn es handelt sich hier nur um Wandern mit zwei Stöcken. Wellness ist eine sprachliche Unverschämtheit, die jederzeit durch Wohlfühl abgemildert werden kann. Highlights und Events: Mein Gott, lasst euch endlich etwas einfallen! Und wenn's gar nicht mehr geht, dann brabbelt halt Englisch. Die Sprache Shakespears wird es schon überleben.












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