Eigentlich lief alles ganz gut: ich wurde einem Sympathieträger aus dem Osten vor die Nase gesetzt und gewann, allerdings erst im dritten Durchlauf. Zwei Jahre residierte ich im Präsidentenpalast, bis man anfing, an mir herumzumäkeln. Vorteilsannahme. Privatkredite. Einträgliche Freundschaften....Dann, das kennt man ja, haben sich die Medien eingeschaltet. Die wollten sich nicht belehren lassen. Was die alles herausgefunden haben, wie sie behaupten.
Ich schwieg beharrlich. Auch das hat man mir angekreidet. Kein bisschen Verständnis für mein schweres Amt. Und meine Frau? Immer tapfer an meiner Seite. Auch ein Präsident schweigt und genießt, solange es etwas zu genießen gibt. Kesseltreiben könnte man das nennen, was Medien und gegnerische Parteien mit mir angestellt haben. "Treten sie zurück, um das Amt nicht noch mehr zu beschädigen", hieß es. Doch wie bekommt man eine Kuh wieder vom Eis?
Die Vorwürfe? Haltlos, doch muss ich an Überzeugungsmangel gelitten haben, denn aus meiner eigenen Partei, die, die immer so breit aufgestellt ist, regnete es Attacken. Die Brüder von der Koalition, die dann sofort den aus dem Osten als Nachfolger vorschlugen, meinten sogar, ich müsse den wohlersessenen Ehrensold wieder hergeben. Das ist eine (Früh-)Pension in Höhe von fast 200.000.- € im Jahr, die ich gut gebrauchen kann. Meine Berater (das bin im wesentlichen ich) raten mir, auch das noch auszusitzen, wenigstens bis der große Zapfenstreich vorüber ist. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass meine Felle schon davon geschwommen sind. Meine vier noch lebenden Vorgänger haben alle abgesagt. Verstehe ich nicht. Schließlich bin ich einer von ihnen. Oder?
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