Freitag, 2. März 2012

Gesund sein ist alles.



Da kommt man glücklich aber müde aus Indien zurück und hat noch nichts verarbeitet. Die Erinnerungen an Bangalore, Mysore, Kovalam und Trivandrum im Süden Indiens liegen noch wohlig im vegetarisch geschmeichelten Magen, Erinnerungen  an 30 Grad Celsius wollen den 12 Minusgraden der Schwarzwälder Heimat noch die Stirn bieten, und die Malaria hat sich
erfolgreich umgehen lassen, und schon liegt man im Krankenhaus, windet sich vor Schmerzen und ist hilflos wie ein Kind.

Ich versuche, herauszufinden, was passiert ist. Nach zwanzigstündiger Reise im Flugzeug, in Autos und in der Bahn kann schon mal der "Stuhl" versagen. Verstopfung ist dann bei mir fast normal. Das kann Bauchschmerzen verursachen. Wer aber zwei Nächte lang nicht zum Schlafen kommt und keine Mittel mehr zum Einsatz hat, der Qualen Herr zu werden, wird ins Krankenhaus verfrachtet. Da findet man Blut im Stuhl, auch im Magen. Da muss zunächst herausgefunden werden, was hat der eigentlich?

Schon liegt man in einem Hochtechbett, das man nach allen Seiten verstellen kann. Man trägt ein, zugegebenermaßen leicht lächerliches, aber praktisches Kittelchen, und wird an allen Stellen verkabelt: Spritzen, Zufuhr von Flüssigkeiten aller Art, Warum bekomme ich nicht mehr Wasser zu trinken? Was will dieser Arzt von mir? Die Schwester ist ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Die Fragen des Patienten, der jetzt auf die Intensivstation kommt, werden nicht deutlich beantwortet. Nein, es hat nichts mit Kafka zu tun, oder doch?

Um der medizinischen Großmacht Krankenhaus gerecht zu werden: zuerst muss man etwas finden, das kann dauern. Die Schmerzen müssen schonend gelindert werden, die Ursachen erforscht. Mir geht es bereits besser, aber, was ich habe, weiß ich nicht. Nur allmählich, wenn man die Ursachen für die Blutungen kennt, kann man weitersuchen. Kurz, ich muss noch eine Endoskopie über mich ergehen lassen: am Vortag nichts essen, dafür etwa 4 Flaschen einer scheußlichen Flüssigkeit trinken, die das Gedärm gründlich durchdringen und reinigen muss, bevor, mit einer Sonde, an deren Spitze sich eine winzige Kamera befindet, und ein Lichtlein, womit der untersuchende Arzt den Darmbereich abschreiten kann, um eventuell Zysten und Ähnliches ausfindig zu machen. Die Auswertung dieses Tuns, dauert noch an, scheint jedoch Raum für Hoffnung zu lassen.

Das Zusammenwirken von Ärzten, Schwestern, Pflegern, Assistenten, Reinigungspersonal scheint einem undurchdringlichen Chaos entnommen, bis sich dann alles klärt. Der Patient, etwas traumatisiert durch die scheinbare Unerbittlichkeit des Ablaufs, steht dann doch im Mittelpunkt. Das Schöne ist, dass es überall menschelt. Eine freundliche Schwester, Ärztin, Hilfskraft kann so viel Freude verbreiten, trotz des kränklichen Anlasses, der den Krankenhausaufenthalt verursacht hat. Nach etwas über einer Woche werde ich entlassen. Ich bin zwar nicht für immer hergestellt, bleibe betroffen ob der entmündigenden Situation dessen, der tags und nachts auf andere angewiesen ist. Nein, das Gesundheitswesen als solches muss man nicht loben. Da wäre noch viel zu verbessern. Aber das Ortenau Klinikum Offenburg Gengenbach ist ein kompetenter Ort der Menschlichkeit. Noch nie habe ich mich so genussvoll auf die erste Mahlzeit gestürzt, als nach dieser Darmspiegelung: Käsespätzle mit Kolrabigemüse an einer tomatigen Soße.




Jetzt wende ich mich wieder den Erinnerungen an Südindien zu. Meine Gallenblasenentzündung hatte nichts mit diesem schönen Land zu tun, in dem so viele Menschen leben und sterben und, mit etwas Glück, auch überleben. In manchen Krankenhäusern, so hört man, ist man auf die Hilfe von Freunden oder des Reinigungspersonals angewiesen, um gewaschen oder ernährt zu werden. Man muss manchmal auch das notwendige Material selbst mitbringen oder finanzieren, also Verbände, Medikamente, Impfstoffe usw. Andererseits können Apotheken schon bei Magen- und Darmerkrankungen unkompliziert weiterhelfen. Und billiger. Aber: gesund sein ist alles.




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