Als ich vor vielen Jahren nach Luxemburg eingeladen wurde, einen Vortrag über das neue Satellitenfernsehen zu halten, sagte ich vieles was auch heute noch Geltung haben kann. Ein großer Fehler unterlief mir damals allerdings. Oder nicht? Ich kaprizierte mich auf die Furcht, dass Radiomachen fürderhin hoffnungslos würde, wegen der Unzahl aufkommender Fernsehprogramme. Der Abstieg des Rundfunks. Kann ja sein, dass wir heute zu viele Schnatterradios haben, zu viele akustische Bildzeitungen und Radarmelder. Aber, wir gehen immer noch aufs Klo. Wir fahren immer noch Auto und wir sitzen an Orten fest, wo es außer Rundfunk im Ohr nicht anderes gibt. Um das Fernsehen mache ich mir keine Sorgen, denn die visuelle Bildzeitung gibt es schon lange, die endlosen Soaps als sentimentale Bildfolgen, haben sich durchgesetzt. Sie verdoofen ihr festes Publikum. Die nach Seriöserem Suchenden haben auch ihre Chancen: TV macht es möglich, alte, gute Produktionen zu sehen. Die Aktualität ist ein internationaler Tsunami, der angeschwappt kommt. Bildorgien, man ist an sie gewöhnt. Radio hingegen zerfällt in zwei Teile: Krach mit Geleier und Werbung, oder, zweitens: das, was man mit Deutschlandradio bezeichnen kann. Gutes, interessantes Dauerprogramm. Dafür möchte ich dem Sender einmal danken, der meine Wartezeiten auf der Toilette (das ist nichts Anrüchiges!) und auch sonst jederzeit meine Neugier redlich befriedigt.
Beispiel:
Heute, am 24. Januar 2012, um 6 Uhr morgens im Deutschlandradio: Erste Kritik von Thomas Gottschalks neuem Aufritt im Vorabendprogramm der ARD. Verhaltene Kritik: "Thomas allein ist nicht lustig" oder so. Er habe versprochen, Debatten über Rettungsschirme und Wulffe nicht zuzulassen bei "Gottschalk Live". Aber, die falsch und aufdringlich platzierten Werbeunterbrechungen störten offensichtlich. Nun, geben wir ihm eine Chance, meint das Deutschlandradio und hat damit einen seiner typischen Leitsätze ausgesprochen. Keine Chance im DLR erhalten Fanatiker, Bedenkenträger, Gotteshysteriker (wie in den Radiostationen der USA, vor allem in der Nacht zu hören) und Medienmethusaleme, obwohl, einige unvermeidlich zu sein scheinen. Dann sind es Altpolitiker, die sich wieder mal breit aufstellen wollen. Man erkennt sie daran, dass sie "umso - umso" sagen und nicht "je - desto". Deshalb passen sie auch schwerlich in dieses Radio, das immer noch überwiegend "je - desto" benutzt. Der Klarheit wegen.
Schon am 11.11.2011, um 11 Uhr 11: keinerlei Hinweis auf die offiziell beginnende Karnevalsaison. Danke DLR. Dafür lange Diskussion über ausgestorbene Berufe. Der Kaffeeriecher, ein vom preußischen Staat eingesetzter Kriegsveteran, der erschnüffeln sollte, wer Kaffee unbesteuert eingeschmuggelt hatte. Kein Wunder, dass dieser "Beruf" nach 8 Jahren wieder abgeschafft wurde. Die Kaffeetanten des Reiches machten ihm den Garaus. Oder: Abtrittanbieter, die mit dem Eimer heimgingen um Menschen in Not das mobile Klo anzubieten. Gegen Entgelt, versteht sich. Oder: Fischbeinreißer, ein relativ kurzlebiger Beruf, den Frauen brauchten, wenn sie ein Korsett tragen wollten, um die Männerwelt über ihre wirklichen Dimensionen zu täuschen. Oder: Urinwäscher. Aber lassen wir das. Jedenfalls ein hochinteressantes Programm eines Senders, der nicht skurril sein möchte, sondern unterhaltsam, informativ und edukativ. Danke, liebes Deutschlandradio!
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