Donnerstag, 1. Dezember 2011

Mary Ward - das Englische Fräulein


Elisabeth, Hildegard von Bingen und Mary Ward, drei nicht ganz katholische Frauen. Dazu kommt Cathie, ein ebenfalls nicht katholisches englisches Wesen, mit dem ich Tisch und Bett teile. Das alles bedarf der Erläuterung. Alle haben sie etwas gemeinsam: starke Frauen zu sein, die sich im Leben mit Nachdruck durchsetzen oder sich durchgesetzt haben. Dabei kann man Hildegard von Bingen, die älteste unter den noblen Fräuleins, nicht gerade als Engländerin bezeichnen. Die anderen hingegen sehr wohl. Wir haben es also mit insgesamt vier Frauengestalten zu tun, die alle nicht im eigentlichen Sinn katholisch waren oder sind. Vielleicht ist es der oft herabwürdigend beschriebene Starrsinn, der allen eigen ist.

Hildegard von Bingen, geboren um 1098, hatte einen Vater, der Hildebrecht von Hosenbach hieß. Irgendwie verbinde ich damit schon etwas Widerspenstiges. Erst vor kurzem (1998) hat man ihren 900. Geburtstag gefeiert. Johannes Heesters, mit seinen 108,  muss da noch lange warten...Es wäre unverfroren, das Leben einer so großartigen Frau mit ein paar historischen Tatsachen abspeisen zu wollen. Berufenere haben ganze Bücher über die fromme Dame geschrieben, die vielen Schulen ihren Namen gegeben hat, so auch dem Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in Köln-Sülz. Auf dem Gebiet der Klostermedizin war sie tätig und auch als Komponistin hat sie ihre Spuren hinterlassen. Dass sie bei ihren Forschungen auch den weiblichen Orgasmus entdeckt haben soll, wollen wir ihr hoch anrechnen. Hildegard-Kongresse in den USA und in Asien, ein Zeichen für Hildes große Popularität, vertiefen ihre Spiritualität immer aufs neue. 1179 verstarb sie dann in einem Kloster in Bingen.

Elisabeth I. von England und Irland war hingegen ein etwas seltsames englisches Fräulein. Obwohl sie selbst als Jungfer schwer zu leiden hatte, und obwohl ihre Großmutter 14 Jahre im Kerker saß, ließ sie 1587 ihre katholische Nichte aus Schottland, Maria Stuart, hinrichten, sozusagen, hinNichten. Sie wurde die jungfräuliche Königin genannt. Warum man aber auf dieser Jungfräulichkeit herumreiten musste, hängt wohl mit dem Selbstverständnis dieser hohen Dame zusammen. Sie gab ja auch den Namen "Virginia" der ersten britischen Kolonie in Amerika. Als Tochter von Heinrich VIII. und von Anne Boleyn, machte sie dem blutrünstigen Tun ihres Vaters alle Ehre und schickte nicht nur viele Katholiken, sondern auch die Spanische Armada ins Jenseits. Shakespeare, den begnadeten Dichter, ließ sie selbstverständlich am Leben, weshalb wir uns heute noch dieser herrlichen Stücke, wie Hamlet, König Lear, Macbeth und einiger Sonnette erfreuen können. Auch die Anglikanische Kirche, die von weitem betrachtet, fatal nach Katholizismus aussieht, entstand unter Elisabethens Fittichen.

Mary Ward, das eigentlich Englische Fräulein, stammt, wie meine Gebieterin, aus Yorkshire. Damit ist das Potenzial der starken Frau eigentlich schon hervorgehoben. Doch während die noch Lebenden sich ihren Platz in der Geschichte erst erobern müssen, geistert Mary schon als Filmgröße in der Dokuwelt herum: Hannelore Elsner hat sie 1985 vielgepriesen verkörpert in "Marie Ward, Zwischen Galgen und Glorie". Auch eine Maria-Ward-Schule gibt es in Bamberg. Dies alles deutet darauf hin, dass wir es mit einer ziemlich katholischen Frauenspersönlichkeit zu tun haben, die Achtung verlangt. Sie kämpfte im Verborgenen unter der besagten Elisabeth, bis sie beschloss, mit einigen englischen Mädchen nach Flandern auszuwandern. Dort gründete sie das jesuitisch geprägte Institut der Englischen Fräulein. Diese Englischen Fräulein hat es dann auch im Dreißigjährigen Krieg nach Deutschland verschlagen. Seit über 350 Jahren ist sie nun tot. Erst 17o3 hat der Papst in Rom Mary und ihre Englischen Fräuleins anerkannt. Da ruhte sie schon längst auf einem Friedhof in ihrer Heimat in York.




Was soll man dazu sagen? Solche Frauen sind doch recht selten. Ihr Leben wurde meist von Männern bestimmt. Nur mit großen Schwierigkeiten wurden sie anerkannt, sogar die radikale Elisabeth. Vielleicht könnten wir heute gesamteuropäisch auf etliche Frauen stolz sein, es muss ja nicht gerade Angela Merkel oder Maggie Thatcher sein. Warum nicht mein eigenes englisches Fräulein aus Yorkshire? Ich habe damit keine Probleme.

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