Sonntag, 6. November 2011
Badische Küche - Badischer Wein
Der Slogan ist allen bekannt: Badischer Wein, von der Sonne verwöhnt. Gerne fährt man an den südwestlich ausgerichteten Hängen des Schwarzwaldes entlang, freut sich des Lebens und genießt zu jeder Jahreszeit, was das Land da zu bieten hat. Fremde kommen nicht nur aus dem deutschen Norden, auch französische Nachbarn, die professionellen Feinschmecker Europas, viele Holländer und Belgier und, vor allem an Wochenenden, die Schwaben aus den östlichen Gefilden, um ein gutes Mahl zu sich zu nehmen. Die Gegend um Oberkirch, das im Renchtal liegt, ist besonders beliebt. Kein Wunder, denn hier, in der Ortenau, wird nicht nur gut gegessen, sondern auch getrunken. Auch die Einheimischen wissen das zu schätzen.
Unter dem Titel "Stuart Pigotts Weinreisen - Baden und Elsass" weiß der weltweit anerkannte "Weinjournalist" aus England seine Akzente zu setzen. Das von ihm gemachte Vorwort zum Thema "Genusslandschaften" stellt auch die mannigfaltigen badischen und elsässischen Weinbaugebiete vor und muss natürlich auch vieles auslassen, denn Wein als Thema ist sozusagen ein Fass ohne Boden. Auch der gut lesbare Artikel Manfred Lüers (Die goldige Weinlandschaft), der hier die Ortenau bearbeitet hat, muss vieles ungesagt lassen, denn der Leser will sich nicht mühsam durch ein dickbauchiges Werk arbeiten, sondern Anregungen und neue Ideen erhalten. Probieren und beurteilen kann und muss er dann selbst. Was Manfred Lüer etwa über den Oberkircher Wein zu sagen hat, ist sehr schmeichelhaft: vor allem die Vinum Nobile Serie wird hervorgehoben als "sehr ansprechender, nach Zimt, Zwetschge und Mokka duftender, fleischiger Merlot, vor allem aber sortentypische, gehaltvolle und durchaus kernige helle, nussige Burgunder und dezent exotische Rieslinge, mit animierender Frucht-Säure-Textur". Das ist die Sicht des erfahrenen Weinkenners, der sein Vokabular voll zum Einsatz bringt, aber, was der Franzose mit "bon petit vin" bezeichnet, ist in der Regel etwas anderes.
Also lassen wir mal allzu Hymnisches beiseite und konzentrieren uns auf eine Fundstelle, die noch nicht zu den großen Klassikern des Weinbaus gehört, aber sehr wohl Aufmerksamkeit verdient. Es geht jetzt nicht um das Konkurrieren mit gestandenen Weinen aus Durbach, Neuweier, Oberkirch, Sassbachwalden oder Waldulm. Alle haben das Privileg, Goldmedaillen und andere Auszeichnungen ihr Eigen zu nennen. Meine Entdeckung hat solche Ehrungen ebenfalls. Aber kommt es darauf so sehr an? Ist es nicht wichtiger, unter den vielen Weißen und Roten den herauszufinden, der glücklich macht? Der den eigenen Geschmacksnerven am nächsten kommt?
Das Weingut liegt an einem Ort, an dem schon 1607 Wein angebaut wurde. Seitdem gedeihen hier unter anderem die vertrauten Rebsorten Spätburgunder, Riesling und Spätburgunder Rosé. Dazu kommt eine äußerst süffige Variante unter dem Namen "Pinot Noir - blanc de noir", ein Reb-Import aus dem Elsass, der als Weißwein gerade Karriere macht. Tiergarten ist ein hübsches Dorf, das Teil der Stadt Oberkirch ist. Die dortige Winzergenossenschaft hat viele dieser Weine in ihrem Programm. Sie werden ganz erfolgreich vermarktet. Einige der Tiergärtner Weinbauern vertrauen jedoch auf sich selbst und machen in sorgfältiger Handarbeit alles: vom Rebschnitt bis zum Ausbau im eigenen Keller. Auch der Verkauf findet in den eigenen Räumen statt. Durch Zufall, oder durch Mundpropaganda, findet man den Weg zu einem solchen Weingut. Meine Entdeckung in der Ullenburgstraße 39 in Tiergarten heißt "Weingut Ullenburg". Die Geschäftsführung scheint in der Hand von Angelika Kimmig zu liegen, der Ausbau ist eher Sache des Mannes, Martin Kimmig, eines erfahrenen jungen Winzers.
An den Steilhängen der Ullenburg wächst der Wein. Die Ullenburg selbst ist ein Phantom. Kein einziger Stein dieser Burg ist nach der Zerstörung übrig geblieben. Nur die Erinnerung und der Wein, der ihren Namen trägt. Wenn bei uns die Vorräte zu Ende gehen, genügt ein Anruf bei Angelika, und schon sitzen wir in der urigen Ritterstube und probieren mal wieder. Da der Freundes- und Familienbestand bis nach Yorkshire in Nordengland reicht, leert sich unser Keller oft schneller als vermutet. Nur eine Sorte darf nie ausgehen. Diesen Gedanken könnten Cath und ich nicht ertragen: der Spätburgunder Rotwein Kabinett, wobei auch die Spätlese - barrique - nicht unerwähnt bleiben soll. Der einfache rote Kabinett hat es uns angetan. Als bekennender Weißweintrinker hatte ich einige Mühe, mich von Cath auf die rote Seite ziehen zu lassen. Jetzt sind wir - sagen wir es ruhig - etwas süchtig. Die Kimmigs formulieren es so: "gehaltvoll und samtig durch den Ausbau in der traditionellen Maischgärung. Kräftige Aromen, die an Kirsche und Brombeere erinnern". Vorsicht, wer da noch etwas hinzufügen möchte! Etwa: leicht, fruchtig ist schon gesagt, vielversprechend und dem Weintrinker Ehre erweisend. Einfach ein himmlischer Wein, der auch preislich sehr erschwinglich ist. Nie würde ich mich zu der katastrophalen Bemerkung hinreißen lassen, der Ullenburg Spätburgunder sei "lecker". Wem so etwas über die Lippen geht, sollte besser nicht unter der Nummer 07802 6897 anrufen und die glockenhelle Stimme von Angelika vernehmen. Die versteht nämlich auch viel von Wein.
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