Donnerstag, 22. September 2011

Zypern und seine Zugvögel



Zugvögel sind die Touristen des Himmels, wenn man einmal von notorischen Vielfliegern der Mallorca-Klasse absieht. Ab September fliegen sie, bis in den Dezember hinein. Manche bleiben zum Brüten auf der Insel. Andere fliegen weiter. Alles in allem schätzt man die über die Insel brausenden Zugvögel jährlich auf etwa 150 Millionen. Ein seltsames Geräusch am Himmel läßt den Betrachter aufhorchen. Einzelne Schreie, als würden Gänse oder Schwäne einen unsichtbaren Kampf austragen, lassen die Blicke nach oben wandern. In  Dreiecksformationen fliegen riesige Schwärme von Kranichen am Himmel entlang. Sie kommen meist vor Einbruch der Dunkelheit aus dem Norden über das Meer. Zögernd fliegen sie die Küste ab, den Kyrenia-Bergen auf der Nordseite folgend, um dann über einen niedrigen Paß hinweg zu fliegen und einen Ruheplatz für die Nacht zu suchen. Schwer schlagen die Flügel der müden Tiere, die ihren Zug von Skandinavien und Rußland nach Ägypten angetreten haben. Im Norden Europas gilt ihr Abflug als Hinweis auf den kommenden Winter. Hier sind sie die Reisenden der Luft. Auf ihrem Rückweg, meist im April, verkünden sie den Nordmenschen dann den Frühling. Die ganz kleinen Reisenden der Lüfte sind jedoch ebenso interessant. Man bemerkt ihre Ankunft hier auf der Insel nicht. Sie sind einfach da und vermischen sich mit  Ihresgleichen. Rotkehlchen gehören auch, zu den Weitgereisten, von denen aber auch viele hier ansässig sind. In Massen ziehen sie weiter an die Levante oder nach Ägypten. Ihr Zwitschern ist im Herbst geradezu betörend. Bei Morgen- und Abenddämmerung tirilieren sie seelenruhig vor sich hin, geradezu melancholisch, während im Frühjahr und Sommer sich ihre Laute metallisch und kurz anhören: Tick, tick, tick.
Zum Glück gibt es die Zugvögel anderer Art: Briten, die in ihrem ehemaligen Kolonialreich herumgeistern und Vogelschutz betreiben. Sie haben in den Sechziger Jahren die ornithologische Gesellschaft der Türkei gegründet, die 1978 auf den Nahen Osten, und 2001 auf den Kaukasus und Zentralasien ausgedehnt wurde. Die „Ornithological Society of the Middle East“ (OSME), hat inzwischen nationale Ableger in über 4o Ländern und widmet sich auch dem wissenschaftlichen Umgang mit den gefiederten Freunden. 
Eine etwas unseriöse Tierpopulation sollte nicht außer Acht gelassen werden, will man einen fairen Überblick über die Tierwelt der Insel erstellen. Es handelt sich um die streunenden Hunde und Katzen. Besonders die Hunde aller Rassen rotten sich gerne zusammen, um ihrer Lebensfreude Ausdruck zu verleihen, indem sie Fußgängern und Autofahrern den Weg versperren. Schmutzig und krank sind sie oft, aber gefährlich nie. Auch im Sommer 2011 lagen die toten Köter wieder am Straßenrand, bis sie von unsichtbarer Hand entfernt werden, wohl wegen der Hitze, die den Gestank fördert. 

Die Katzen neigen dazu, sich individuell auf Terrassen zu schleichen und von gerührten Touristen und Zugewanderten Eßbares zu erjammern. Auch in Gasthäusern streichen sie gerne um die Beine der Gäste und streiten wild, wenn es darum geht, etwas zu verteidigen, das gerade vom Tisch gefallen ist. In meiner Wohngegend, hoch über Kyrenia, war ein Kater zu Ruhm gekommen, weil er sich in Küchen schlich und es schaffte, Kühlschranktüren zu öffnen. Er trug den Namen Burglar Bill, der Einbrecher-Bill, dessen plötzliches Verschwinden ein Rätsel blieb. Niemand konnte sich vorstellen, was ihm zugestoßen war. Gelegentlich geschieht auch ein Wunder: ein Hund erhält von einem Touristenpaar eine Art Patenschaft angeboten. Meist sind es Briten, die ja für ihre Sonderlichkeit bekannt sind, die ein solches Tier durch Füttern und Liebkosungen an sich binden und am Ende ihres Aufenthalts mit nach Hause nehmen. Daß ein solches Tier bei der Ankunft in Großbritannien zunächst die Höllenqualen eines mehrwöchigen Aufenthalts in Quarantäne überstehen muß, wiegt weniger schwer, als das was den Zurückgebliebenen oft zustößt: sie werden von Hunde- und Katzenhassern ganz einfach vergiftet. Grausam ist die Welt, und die Tierwelt ist ein Teil davon.

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