Nun, kriminelles Tun wird nicht immer geahndet. Wir wissen das schon. Was jetzt passiert ist, ist aber einmalig: Vater und Sohn, schwerreich und daher kaum angreifbar, bei denen das gerade wegen krimineller Machenschaften aufgegebene Massenblatt "News of the World" angeblich"nur" 1 % ihres gesamten Geschäftsgebarens ausmacht, standen Rede und Antwort vor einem Ausschuss des britischen Parlaments in London. Wer in seinem TV-Angebot den sonst langweiligen BBC-World-Sender hat, konnte am 19. Juli über Stunden mitverfolgen, wie die beiden Medienmogule versuchten, sich aus der Affäre zu winden. Ein recht originelles Spektakel mit einigem Unterhaltungswert. Über 50000 Mitarbeiter hat dieser Konzern, weltweit. Da kann man den Überblick schon mal verlieren. "Diese Frage sollte besser mein Sohn James beantworten" sagte Vater Rupert des öfteren auf die Fragen der Abgeordneten. "Ich kann mich nicht an Einzelheiten erinnern". "Könnten sie diese Frage mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten?", wurden sie mehrmals gebeten. Pustekuchen. Die Herren waren so geeicht, dass auch der härteste Vorwurf ihnen nicht beikommen konnte.
"UK Telephone Hacking Scandal" war der Titel dieser Sendung. Die Befrager bemühten sich sichtlich, den moralischen und den rechtlichen Untergrund dieses Skandals zu erhellen. Vater Rupert antwortete in etwa: "ich habe nichts gewusst und bin nicht verantwortlich, wenn Mitarbeiter der unteren Ebene meine Gutgläubigkeit missbrauchten. Sie sollen dafür zahlen. Namen kann ich keine nennen." Er bedauert das alles sehr und will bei der Aufklärung helfen. Das haben wir auch bei Roland Koch aus Hessen zu hören bekommen, bei dem Millionen Spendengelder unversteuert in der Schweiz gebunkert wurden, angeblich von jüdischen Parteifreunden gespendet, die diskret bleiben wollten. Die von Koch in Aussicht gestellte "brutalst-mögliche Aufklärung" hat nie stattgefunden. In einer anderen anrüchigen Affäre, in die ein französischer Frauenfreund namens Strauss-Kahn verwickelt sein soll, erleben wir ebenfalls ein seltsames Benehmen, das Schuldzuweisungen auf die Seite der Opfer hinüber transportiert. Natürlich kann man die Anklage von Opfern mit Geld aus der Welt schaffen. Das wird in all diesen Fällen geschehen, wobei die Koch-Stelle inzwischen der Vergesslichkeit anheim gefallen ist.
Im Falle Murdoch müssen wir aufpassen, dass die Herren ihre Pläne nicht einfach fortführen: VIPs, Politiker, und Opfer von Verbrechen wurden ausgehorcht von bezahlten Fachleuten, die dann Intimstes aus deren Leben auf der Titelseite dieses Revolverblattes ausbreiteten. Waren es Journalisten? Detektive? Bezahlte Schnüffelfirmen? War die Polizei bestochen, wenn sie Anschuldigungen nicht verfolgte? Wenn alle mauern, ableugnen, sich nicht erinnern, wie soll da Gerechtigkeit entstehen? Zwei verschiedene Entwicklungen wollen Beobachter nun sehen: die einen glauben, dass jetzt das Maß voll ist und gesetzliche Maßnahmen dem Murdoch-Tun einen Riegel vorschieben werden, die anderen vermuten, dass so viel Geld, gepaart mit krimineller Energie, einen neuen Ausweg finden wird. Ähnlich dem, was wir gerade erleben. Es wird also weitergemacht wie bisher. Wir wissen nur nicht, wo, wie und wann. Die Körpersprache von Vater und Sohn sprach tatsächlich Bände: Lügen, Lügen, Lügen. Wir sind unschuldig, unschuldig, unschuldig.
Ein anderer Gegensatz, der auffiel: einerseits gespielte Zerknirschtheit auf den Gesichtern. In einer abgelesenen Schlusserklärung machte Vater Murdoch sich geschickt zum Sprecher der Opfer. Einige spekulierten sogar, dass die Murdochs, die schon immer Politiker und sonstige Abhängige bei sich "antanzen" ließen, nun auf einer Art Anklagebank zu sitzen kamen. Eine herzhafte Umkehrung der Verhältnisse.
Andererseits konnte man sehen, wie innerlich empört diese Herrschaften waren, von kleinen parlamentarischen Piefkes mit unbotmäßigen Fragen angemacht zu werden. Wahrlich, ein einmaliges Spektakel, das nach meinem instinktiven Vermuten, wie das Hornberger Schießen verlaufen wird: erst die Murdochs sich klein gemach und reuig gezeigt. Dann werden sie Pläne aus dem Hut zaubern und ihre finanziellen Mittel voll zum Einsatz bringen. Bei Bedarf kann man ja Strohmänner bemühen. Unschuldslämmer anheuern, unzimperliche Steigbügelhalter rekrutieren und noch sichtbarer Gutes tun. Das beeindruckt immer. Ich, für meinen Teil, werde auch weiterhin versuchen, herauszubekommen, welche Unternehmungen zum Murdochkomplex gehören, um diese zu boykottieren. Viel mehr können wir nicht tun. Auch die Bildzeitung hat schon immer auf meine Groschen verzichten gemusst. Übergroße Titten kann man auch woanders sehen.
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