Mittwoch, 27. Dezember 2017

Drei Sterne Schmaus

Er hat gerade einen von drei Michelin-Sternen verloren. Alle würden jetzt sagen: immerhin habe ich noch zwei. Doch, wer mal drei hatte, kann sich mit zwei Sternen nicht mehr zufrieden geben. Das ist wie Kartoffelsalat ohne Würstchen. Man ist (mit sich und vielleicht mit den Essenstestern) unzufrieden. Die Firma Michelin kann unerbittlich sein. Als geborener Feinschmecker (meine Mama sagte das) braucht man diese Sterne nicht. Der Gaumen sagt dir, was los ist. Bei mir kam als Kind ein besonderes Lächeln hinzu, ein Dreisternelächeln, das für meine Mami eine untrügliche Richtschnur war.


Dann kam die Zeit, wo ich selbst verdiente und mir auch gelegentlich ein besonderes Gasthaus gönnte. Im Elsaß war es ein Dreisterneresto, über das ich schon viel Gutes gehört hatte. Cath und ich gingen hin, das Gefühl der Mulmigkeit hätte uns warnen sollen. Wir wurden hochnäsig behandelt, und das Essen war eine Katastrophe. Wer jedoch dem Hörensagen folgt, seiner Neugier freien Lauf läßt, der kann auch echt gute Überraschungen erleben. Diesesmal schmeckte es so gut, dass ich den Chef in ein Gespräch verwickelte. Haben sie jemals daran gedacht, einen Michelin-Stern anzustreben? fragte ich ihn. Warum?, fragte er zurück, mein Haus ist immer voll und die Sterne müssen immer neu erobert werden. Ein gesunder Standpunkt.


Wer den Sternezwang abgeschüttelt hat und trotzdem ehrgeizig und gut ist, kann frei drauflosballern, denn der Mensch liebt die Abwechslung und nicht so sehr althergebrachtes Ritual. Wenn ich Chef wäre, würden mir die verklärten Augen meiner Esser genügen. Die Segnungen eines strengen Vereins sind da nicht so wichtig. Ein britischer Kritiker tadelte neulich eines der ersten Häuser um die Champs-Elysées, dreifach besternt natürlich, als überkandidelt, sauteuer und alles andere als gut. Das kann passieren, wenn engstirnige Lobeshymnen den Sinn vernebeln. Die verdiente Kritik (ich kannte das Restaurant aus den "guten Zeiten") ist dann total und für immer unausrottbar.


Andererseits, wenn ich ein kochendes Mäuschen wäre, würde ich eine Reihe von Vorschlägen machen, die kaum sternefähig wären mir aber ungemein schmecken würden:
Vorspeisen: -ein klares Hühnersüppchen mit selbstgemachten Nüdelchen (Schnittlauch nicht vergessen)  -oder Mausöhrchen, mit frisch gebratener Gänseleber, gedämpfter Apfelschnitte, ein paar Tropfen Balsamico und Nussöl.
                   -oder, vegetarisch: Kürbissüppchen mit Dill und Petersilie.
Hauptgang: -knusprige Entenschlegel in Orangensoße, Kartoffelschnee oder Schupfnudeln.
                    -oder: Griesnockerl mit buttergedämpften Mangostücken.
Nachspeise: -dazu will ich nichts sagen.
Der Wein:   -ein badischer Weißwein, Riesling Spätlese von Angelika Kimmig, Tiergarten, oder
                   -ein Klevner-Traminer aus Durbach.


Ihn hole ich jetzt aus dem Kühlschrank, denn die Flasche wartet da schon, während Cath sich sicherlich wieder an ihrem roten Ullenburg zu schaffen macht.


Prosit Neujahr!



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