Dienstag, 25. April 2017

Israel und die Deutschen

Wir wissen, dass der israelische Regierungschef kein Freund der Palestinenser ist. Er legt sich  aber auch gerne mit Freunden an. Barak Obama hat er zur Weißglut gebracht und andere haben auch nicht gut Kirschen essen mit ihm. Die Vereinten Nationen, die immer versuchen, alles richtig zu machen, können ein Lied davon singen. Wie oft hat Israel schon Entschließungen der UN in den Wind geschlagen. Die bewegte Geschichte des Landes kann zwar vieles erklären, aber beileibe nicht alles. Es geht hauptsächlich um das Verhältnis zum anderen Volk, das in den Grenzen Israels lebt, und da auch immer gelebt hat, die  Palästinenser. Solange denen Land und Wasser weggenommen wird, kann kein Zweistaatensystem mit dem zu erwartenden Frieden entstehen. Israel will es nicht. Jeder Gewaltakt wird sofort durch einen Auge-um-Auge-Gegenschlag gekontert, meist mit beachtlichen Menschenopfern. Doch aus Schaden klug werden ist nicht jedermanns Sache. Benjamin Netanjahu verhandelt nicht. Er schlägt zurück.


Da kann der Antrittsbesuch eines deutschen Außenministers, der das Recht wahrnimmt, auch ungeliebte Gruppen der Bevölkerung während seines Besuches zu treffen, leicht zur diplomatischen Falle werden. Auch Erpressung ist angesagt, denn Metanjahu fühlt sich im Recht. Auch als Deutscher der Nachkriegsgeneration darf man nicht hoffen, nach eigenem Verdienst und Tun beurteilt oder gar als Freund behandelt zu werden. Das ist traurig, aber auch ungerecht, denn unser Gesellschaftssytem ist darauf ausgerichtet, pauschale Zuweisungen  abzulehnen und auch jede Kollektivschuld abzuweisen. Das gilt natürlich auch für Israel, das jedes Recht besitzt, differenziert gesehen zu werden. Doch das Zahn-um-Zahnverhalten bei Zusammenstößen mit den Palestinensern kann keine vernünftge Antwort sein. Dabei ist es unerheblich, ob diese Meinung aus Deutschland, Amerika, Frankreich oder dem Gazastreifen kommt. 


Sigmund Gabriel - ich lese gerade, dass Netanjahu das Treffen mit ihm abgesagt hat - wird ohne einen Handschlag des Premiers und Außenministers nach Hause reisen müssen. Ich hoffe jedoch, dass er das Treffen mit den beiden Nichtregierungsorganisationen nicht ausfallen lässt. Auch ein deutscher Politiker hat das Recht, nicht wie ein Schuljunge herumdirigiert zu werden. Eine Demokratie wie die israelische (wenn sie wirklich eine ist) muss auch die Wünsche seiner Gäste ertragen können. Unschön ist, dass das Ultimatum Netanjahus über die Medien, sozusagen durch die Hintertür, geäußert wurde. Ja, man hat Gabriel sogar eine ‚Rote Linie‘ gezeigt, die er nicht zu übertreten hatte. Die Diplomatensprache spricht von ‚düpieren‘, was mild ausgedrückt ist.


Jeder weiß natürlich, dass die Lage im Nahen Osten nicht rosig ist und dass Israel seine Interessen wahren darf, kann und soll. Aber zwischen Freunden und Feinden wird auch ein Herr Netanjahu unterscheiden können. Dass Sigmund Gabriel noch die Zweistaatenfrage aufgeworfen hat, sowie die israelische Siedlungspolitik, sollte eher als freundschaftlicher Hinweis eines befreundeten Landes gedeutet werden. Oder nicht?


Die Nervosität des Landes habe ich mit eigenen Augen in Israel erlebt. Und als ich vor Jahren eine Pressekonferenz mit Shimon Peres leiten musste, passierte Folgendes: Der Pressesaal war voller Journalisten. Peres hatte seine eigenen Leibwächter dabei, die ich ständig im Blick hatte. Dann griff ich in meine linke Brusttasche, um einen Kugelschreiber herauszuholen. Sofort zuckten die beiden zusammen und hatten - was ich vermutete - die Hand an der unsichtbaren Waffe. Ich bin heute noch sicher, dass es leicht zu einem Missverständnis hätte kommen können. Vertrauen besteht grundsätzlich nicht.

Patschhändchen zwischen zwei ganz Großen. 
Festzustellen wäre: Kritik an Israels Politik ist nicht automatisch Antisemitismus. Außenminister Gabriel hat noch nie Anlass zur Annahme gegeben, er sei gegen Israel eingestellt. Auch ich habe mich noch nie in der Nähe von Nazis oder Altnazis aufgehalten, und die Zahl meiner jüdischen Freunde lässt sich nicht überblicken. Man kann wohlgemut sagen, dass die Politik Netanjahus mehr als fraglich ist und er genauso deutlich kritisiert werden kann, wie etwa ein Trump, Putin, oder eine Le Pen. Das musste einmal gesagt werden.

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