Jedem halbwegs klugen Zeitgenossen ist es schon aufgefallen, dass die Welt wieder ins Eiern geraten ist. Die Tabugespräche von gestern sind überholt. Ein neues Spiel namens Pokémon Go scheint soeben die Welt zu erfassen. Ich weigere mich vorerst, das zur Kenntnis zu nehmen. Es hatte bei mir auch lange gedauert, bis ich zum erstenmal in einen Hula-Hoop-Reifen stieg und diesen hüftenwackelnd um mich kreisen ließ. Meine jüngere Schwester hatte damit auf der Straße schon längst meisterhaften Schwung an den Tag gelegt. Historiker mögen sich heute fragen, ob ein Zusammenhang besteht zwischen Hula-Hoop und den über 60% Fettleibigkeit unserer Mitbürger. Doch sind die täglichen Entwicklungen in unseren Ländern viel wichtiger.
Man kann vermuten, dass Tabus dazu da sind, über den Haufen geworfen zu werden. Wer auf ein langes Leben zurückblicken darf, hat solches schon dutzendfach erlebt. Gleichgeschlechtliche Liebe etwa wurde in den Fünfzigerjahren in Deutschland noch als Verbrechen angesehen, nicht nur zwischen Minderjährigen, wobei das Lesbentum damals irgendwie nicht zu existieren schien. Ein schwuler Mann wurde, frei nach dem Parapraphen 175 im Strafgesetzbuch, Hundertfünfundsiebziger genannt. Die Beleidigungen in der "Verarbeitungszeit" dieses Phänomens reichten von schwule Sau bis Arschficker. Dann wehrte sich die betroffene Minderheit, bewies den Mut des sich Outens, und fast vorbei war der Spuk.
Von den Diffamierungen gegenüber türkischen und anderen ausländischen Arbeitern in Deutschland blieb eigentlich jetzt nur eine Verurteilung des Islam übrig, die man durch viele, gutgemeinte Gespräche nun aus der Welt schaffen möchte. Die teils islamisch, sozialkritisch und/oder geistesverfassungsbezogenen Terrorakte helfen bei der Überwindung solcher Verurteilungen natürlich nicht. Vielleicht sind sie auch noch Spätfolgen jener Zeit, wo unsere Einwanderer aus Anatolien schlicht Kanacken genannt wurden.
ine amerikanische Variante ist der Rassismus. Das Wort "Neger" wurde zwar weltweit zurecht aus unserem Vokabular verbannt, aber wenn etwas einmal tiefsitzt, sitzt es tief. Im 19. Jahrhundert erst dämmerte es weißen Missionaren, dass der dunkelhäutige Mensch aus Afrika auch ein Mensch ist. Heute ist die Sklaverei immer noch nicht völlig ausgemerzt. Neue Formen der Verknechtung des Menschen sind entstanden. Immer, wenn Geld im Spiel ist, gewinnt der Reichere. Der Arme zahlt die Rechnung, oft mit seiner Hände Arbeit. Ein Präsidentschaftskandidat wie Donald Trump in den USA bestätigt uns immer wieder, dass wir noch nicht dem Mittelalter entronnen sind: Keine Muslime im Land, Frauen als schmückende Beigabe zum Mann, was selbstverständlich die demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton nicht treffen kann. Doch wird sie von Trump ungestraft als Mörderin und Diebin dargestellt, und gegen Mexiko will er einen Zaun errichten lassen.
In einem Land, das zur Durchsetzung der Menschenrechte, der Demokratie und der Parteienvielfalt, sowie der Meinungs- und Pressefreiheit wesentlich beigetragen hat, musste man (ich lebe in England)
mit Bitterkeit feststellen, dass Fairness, Tatsachentreue und Gerechtigkeit während der Brexitkampagne von scheinbar honorigen Meinungsträgern einfach hinweggefegt wurden. Auch die Medien machten teilweise das Spiel mit. Eine Art Desinformationspsychose führte dann auch zur Mehrheit für den Austritt des Landes aus der EU. Eine politische Eselei, von der statistisch die meisten Briten heute überzeugt sind. Bewusste Angstmacherei (Scaremongering) beeinflusste die Menschen, die jetzt einen hohen Preis dafür zu bezahlen haben.
Ob es sich um das Dritte Reich handelt mit seiner Judenhetze und der fanatischen Bekämpfung von Minderheiten, den Ausländerhass in Europa ganz allgemein, den Rassismus in Amerika, den Antisemitismus und Anti-Islam, oder die propagandistische Verdrehung von Tatsachen, aber auch die populistische Instrumentalisierung aller Gegensätze in der Gesellschaft: sie ähneln sich mehr und mehr von Land zu Land. Wir werden keine Gegenmittel dagegen finden, wenn wir uns nicht international in Interessengruppen zusammenschließen. Die Gegner von Demokratie und Meinungsfreiheit operieren schon lange global. Unsere Rechten und Ultrarechten, die nostalgisch nationalen Träumen nachhängen, schaden aus eigenem nationalen Egoismus heraus jeder vernünftigen Entwicklung. Das gilt vor allem für die AfD und PEGIDA, den französischen Front national und den britischen UKIP. Sie haben verheerenden Einfluss genommen.
Jetzt ist es an uns, einzusehen, dass Flüchtlingen weltweit zu helfen ist, denn es gibt sie überall. Dass der Nationalismus eine Krankheit von gestern ist. Der Islam eine Weltreligion ist, die gleich behandelt werden muss wie jede andere Religion, sich aber auch zähmen muss, wenn seine Ansichten gegen den gesunden Menschenverstand verstoßen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es in der katholischen Kirche auch Hexenverbrennungen und niedrigen Ablasshandel gegeben hat. Im sexuellen Bereich müssen die Menschenrechte ebenfalls respektiert werden. Die sexuelle Ausrichtung der Veranlagung geht niemanden etwas an, solange sie Dritten nicht schadet.
Die FacebookNotiz einer Barbara sagt es deutlich:
Alle Menschen sind Ausländer.
Wir kommen alle aus Ländern.
Erfreulich und richtungweisend ist auch eine Facebookeintragung in Großbritannien, die mir auffällt. Wer sie lesen kann und will, hier ist sie:
BEING BRITISH
IS ABOUT DRIVING A GERMAN CAR TO AN IRISH PUB FOR A BELGIAN BEER.
THEN TRAVELLING HOME, GRABBING AN INDIAN CURRY OR A TURKISH KEBAB ON THE WAY TO SIT ON SWEDISH FURNITURE AND WATCH AMERICAN SHOWS ON A JAPANESE TV.
Das klingt doch fast international und lässt viel Spielraum für persönlichen und nationalen Geschmack.
Gleichgeschlechtlich? |
Von den Diffamierungen gegenüber türkischen und anderen ausländischen Arbeitern in Deutschland blieb eigentlich jetzt nur eine Verurteilung des Islam übrig, die man durch viele, gutgemeinte Gespräche nun aus der Welt schaffen möchte. Die teils islamisch, sozialkritisch und/oder geistesverfassungsbezogenen Terrorakte helfen bei der Überwindung solcher Verurteilungen natürlich nicht. Vielleicht sind sie auch noch Spätfolgen jener Zeit, wo unsere Einwanderer aus Anatolien schlicht Kanacken genannt wurden.
Anatolien? |
In einem Land, das zur Durchsetzung der Menschenrechte, der Demokratie und der Parteienvielfalt, sowie der Meinungs- und Pressefreiheit wesentlich beigetragen hat, musste man (ich lebe in England)
mit Bitterkeit feststellen, dass Fairness, Tatsachentreue und Gerechtigkeit während der Brexitkampagne von scheinbar honorigen Meinungsträgern einfach hinweggefegt wurden. Auch die Medien machten teilweise das Spiel mit. Eine Art Desinformationspsychose führte dann auch zur Mehrheit für den Austritt des Landes aus der EU. Eine politische Eselei, von der statistisch die meisten Briten heute überzeugt sind. Bewusste Angstmacherei (Scaremongering) beeinflusste die Menschen, die jetzt einen hohen Preis dafür zu bezahlen haben.
Being British? |
German car? |
Die FacebookNotiz einer Barbara sagt es deutlich:
Alle Menschen sind Ausländer.
Wir kommen alle aus Ländern.
Erfreulich und richtungweisend ist auch eine Facebookeintragung in Großbritannien, die mir auffällt. Wer sie lesen kann und will, hier ist sie:
BEING BRITISH
IS ABOUT DRIVING A GERMAN CAR TO AN IRISH PUB FOR A BELGIAN BEER.
THEN TRAVELLING HOME, GRABBING AN INDIAN CURRY OR A TURKISH KEBAB ON THE WAY TO SIT ON SWEDISH FURNITURE AND WATCH AMERICAN SHOWS ON A JAPANESE TV.
Das klingt doch fast international und lässt viel Spielraum für persönlichen und nationalen Geschmack.
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