Was auf der heutigen Titelseite von Charlie Hebdo prangt, ist ziehmlich witzig. Nicht bösartig. Nicht blöd. Eher rührend. Eine entwaffnende Antwort auf den Terror. Und natürlich auch ein Zeichen kindlichen Trotzes. Das sieht man schon daran, dass ganz Frankreich und die halbe Welt jetzt aus Solidarität dieses Humorblatt kauft. Die Auflage soll auf 5 Millionen erhöht werden, damit jeder eine Ausgabe mit dem Propheten vornedrauf bekommt. Dieses Blatt kannte vor ein paar Wochen in Frankreich kaum jemand richtig und im Ausland niemand. Man gönnt ihm diese unerhoffte Popularität, aber das kann es nicht gewesen sein.
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Das schöne Dresden |
Doch was geschieht jetzt? Ist die Botschaft bei den gewaltbereiten Hitzköpfen angekommen? Es ist zu bezweifeln. Wie auch die Reaktionen auf die Dresdner Bekenntnisse von Fremdenfeindlichkeit und Islamschelte nicht die wirklichen Anstifter treffen. Diese Vorwürfe gehen meist daneben und meinen meist die Falschen. Die Lage in Deutschland unter Kontrolle zu bekommen, ist wohl noch möglich. Die Bitternis, wie in Frankreich, scheint hier (noch) nicht erreicht und die wirtschaftlich-politische Lage ist nicht ganz so gravierend. Eine Aussöhnung mit Wirrköpfen und Fehlgeleiteten vom Niveau kampfbereiter Hooligans scheint noch möglich, wenn man ihnen systematisch ihre populistischen Vermutungen aus den Segeln nimmt. Das benötigt jedoch auch ernsthafte Hilfestellung, vor allem für die benachteiligten Schichten.
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Das "Café de la Paix" in Paris |
In Frankreich, wo die Solidarisierung jetzt ein erstaunlicher Ansatz ist, muss jedoch viel mehr geschehen, um die Fronten aufzuweichen. Muslime müssen nicht nur mehr geachtet werden, sondern als feste Faktoren der Gesellschaft einbezogen werden. Es sollte nicht diese beiden Frankreichs geben, das "richtige" und das ausgegrenzte. Und mit zynischem Humor kommt man auch nicht weiter. Natürlich kann man sich keinen Maulkorb anhängen lassen. Dafür wurde viel zu bitter um Pressefreiheit gekämpft. Aber mit hochmütigem Jem'enfoutisme kommt man ebenfalls nicht voran. Da hat Frankreich jahrzehntelang Schindluder getrieben. Das kann man als Beobachter schon sagen. Dass unsere christliche Haut auch manchmal sehr dünn ist, haben wir selbst schon gemerkt. Aber wir können, dank unseres Humors, eine geballte Ladung an Häme und Zynismus ertragen. Vergessen wir nicht, dass wir auch als Christen oder ehemalige Gläubige seit Jahrhunderten allerhand auf dem Kerbholz haben. Deshalb müssen wir mit den verunsicherten muslimischen Mitbürgern sorgsam umgehen. Vielleicht sogar den Satz der Gleichheit der Menschen, wie er in allen vernünftigen Verfassungen steht, wieder etwas aufmöbeln.
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