Samstag, 27. Dezember 2014

Weihnachten - der Griff ins Leere.

Es ist nicht die übliche Madigmache, die mich mal wieder gepackt hat. Schöne Erinnerungen an Lieder, Stimmungen, Gerüche, köstliche Genüsse. Sie kehren trotz allem regelmäßig wieder. Das Gefühl der Gehobenheit, das Fest für Kinder, dunkle Geborgenheit, Vater, Mutter, Großeltern haben Zeit, sind in einem Zustand freiwilliger Friedfertigkeit. Nüsse, Lebkuchen, Zimtsterne. Das genügt eigentlich zum kleinen Glück.

Doch seit Jahren schon muss alles glänzen. Warum müssen Gold und Silber alles überzuckern? Warum beginnt die Scheiße schon im August? Die Programmierung auf etwas, das es nicht mehr gibt? Schon bevor die große Bilanz gezogen ist, erfahren wir, dass der Umsatz nicht ganz den Erwartungn entspricht. Wessen Schuld ist das? Haben wir unsere Pflicht nicht erfüllt? Nein, haben wir nicht.

Die Tage ums Fest haben uns in 4 verschiedenen Ländern gesehen. Deutschland, wo wir erfuhren, dass Cathies Vater plötzlich verstorben ist. Mausens liebevoll gebackenes Dinkelgebäck sollte uns nach Wien begleiten, wo wir feiern wollten. Stattdessen kämpften wir verzweifelt um Flüge nach England, um von Cathies Vater Abschied nehmen zu können. Bleiernes Merry Christmas-Geplärre kam uns auch dort entgegen. Ein stürmisches Dauergegieße, dazu. Ahnungslose Konsumenten wünschten immer wieder dasselbe: Frohe Weihnachten. Dann kam die Erkältung. Sie traf Cath und mich gleichzeitig. In verschiedenen Betten versuchten wir, sie zu beheben. Bleiern und schleppend überstanden wir alles. Der Schmerz über den Tod von Lewis konnte nicht mehr wirken. Er lenkte nur noch ab vom Rest. Vom Regen, von Weihnachten, von vielen seltenen Begegnungen, die wie im Rausch vorübergingen.


Das Vereinigte Königreich hat vor allem damit zu tun, vor dem Fernseher Sünden der Vergangenheit aufzuarbeiten. Der ehemalige Bürgermeister von Scarborough war auch ein Schwein und wurde, wie so viele andere, jahrelang rücksichtsvoll gedeckt. Jetzt schämt man sich und ist empört. Kinderschänder, so muss man vermuten, eine ganze Nation. Ein anderer mißbrauchte seine eigenen Söhne, tötete und zerstückelte sie. Das gruselige Pendant zum idyllischen Singsang der Möchtergernstille des Festes.

Dann, beim Zwischenstopp auf dem Rückweg nach Wien, freundliche Angebote: Tulpenzwiebeln aus Amsterdam. Dazu, weihnachtliche Käseauswahl zum Mitnehmen. Dann: Landung am Heiligen Abend in Wien. Unglaublich, das Wetter, plötzlich. Strahlend blauer Himmel. Doch der Koffer ging in Amsterdam verloren. Scheißdrauf. Das ist eine Kleinigkeit. Die steckt man weg, genau wie die letzten Schlangen in den Supermärkten. Ach ja, einige Bettler sind noch zu sehen. Dann legen wir das Gepäck ungeöffnet auf den Boden. Auch die Post. Legen uns hin und genießen die plötzliche Stille. Was ist eigentlich mit Weihnachten geschehen? Ist es schon vorbei? Das Gebäck von Maus, liebevoll gebacken, ist immer noch da, wo es vergessen wurde. Jetzt tröstet es uns. Spendet Hoffnung, dass von nun an alle unsere Weihnachten so unkommerziell verlaufen mögen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen