Mittwoch, 10. April 2013

Wiener G'schichten V - die Putzerin

Manchmal führen Worte auch in die Irre. In der Wiener Innenstadt findet man öfter mal einen Hinweis auf eine Putzerei. "Das putzt ungemein" ist mir noch in Erinnerung. Das könnte aus den Buddenbrooks stammen, ist jedoch nicht sicher. "Macht was her", könnte man auch sagen. Manchmal ist es besser, ungenau zu bleiben. Hier, in Österreich heißt Putzerei "chemische Reinigung", oder täusche ich mich da?

Auf alle Fälle hat es etwas mit Sauberkeit zu tun. Für uns Männer eher eine Angelegenheit für Frauen. Putzfrauen. Raumpflegerinnen. Zugehfrauen. Ich will ja den Fehlerteufel nicht heraufbeschwören, aber, gibt es nicht auch Putzteufel? Ich erinnere mich mit Unmut an die Putzfrau meiner Eltern. Sie hieß Frau Knäble, was nicht besonders schlimm war. Sie schwäbelte sehr, was auch noch hingenommen werden konnte. Ihre Putzmethoden jedoch waren brutal. Ich als Heranwachsender schien ihr immer im Weg zu stehen, wenn sie putzte. Mein Vater ergriff am Putztag immer die Flucht, kam sogar mal leicht angetrunken nach Hause und fragte: "Ist sie weg?". Meine Mutter war am Putztag oft nicht aufzufinden, aber Frau Knäble wusste immer wo ich war. Setzte ich mich aufs Sofa, musste sie unbedingt dort unten herumwischen. Ging ich mit meinem Buch in einen Sessel, kam sie mit dem Staubwedel an und fegte mich hinweg. Es sah so aus, als würde sie mit meinen Eltern gemeinsam alt werden. Ich sah sie bei meinen Besuchen manchmal noch und schloss mich sofort meinem Vater an. Sie war mein persönliches Problem, von dem ich nie loskam.

Meister Proper?

Wir blättern weiter: Wien, Blutgasse. Die Wohnung atmet die Luft von Jahrhunderten. Doppelfenster, Parkettboden, Ritzen und Teppiche, die meine Mutter immer als Staubfänger bezeichnet und kräftig geklopft hat. Meine berufliche Zurückgezogenheit (ich bin Pensionär, hier in Wien: Pensionist) macht es notwendig, da wir bis jetzt keine Frau Knäble gefunden haben, dass ich höchstselbst den Staubsauger und den Putzlappen betätige. Überall diese Staubwolken, Flusen, Flecken und Ansammlungen von Unrat. Mühsam versuche ich, meiner oft von Reisen heimkehrenden Gemahlin zu verdeutlichen, dass ich am Putzen war. Manchmal lasse ich sogar, wie unbeabsichtigt, den Staubsauger sichtbar in einer Ecke stehen, um so auf meine Heldentaten hinzuweisen. Wieso hatte ich nie Verständnis für das Wirken von Frau Knäble? Immerhin war danach alles sauber. Jetzt trage ich die Verantwortung und muss aufpassen, dass ich nicht zum Putzteufel mutiere.














Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen