Ich will es nicht leugnen: ich gehöre zu den Männern, die sich bodenlos verlieben können. Als junger Mann, man trug elegante Hemden, und sorgte dafür, dass die Fingernägel sauber waren, stand der Sex keineswegs im Vordergrund. Sie war so hinreißend schön. Ihre Augen, tief blau, waren unbeschreiblich. Man schaute hinein und vergaß die Mathe-Arbeit am nächsten Morgen. Leichtes Stottern verriet, dass man seinen Verstand nicht ganz unter Kontrolle hatte. Sie hieß Christa und hatte dicke Beine. Als ich das entdeckt hatte, brach ich mein ohnehin wackeliges Verhältnis ab. Wie blöd von mir! Sie war sehr klein. Bei unseren Spaziergängen riss ich Blumen aus den Vorgärten und legte sie ihr zu Füßen. Dann, plötzlich, fand ich ihre Beine unmöglich. Dabei war sie ein wunderschönes Mädchen, ich hingegen ein wahrscheinlich pickeliger, schlacksiger Jüngling mit Stachelbeerbeinen und kindlichen Lachanfällen.
Von meinem Vater, und den Großmüttern, hatte ich diese Ehrfurcht vor dem weiblichen Geschlecht, die mir seltsamerweise geblieben ist. Dabei habe ich auch die dunkle Seite kennengelernt: gerne unterhielt ich mich mit den Mädchen auf dem Pariser Strich, genauer, in der Rue d'Amsterdam. Sie waren besonders vollbusig, fast elegant und jung. Ich bin nie mit einer "hinaufgegangen", aber meine etwas journalistische Neugier, gepaart mit männlicher Unschuld, schien bei den Mädchen gut anzukommen. Missionare und Leute mit Helfersyndrom waren da nicht gefragt. Eher der mittellose Knabe, der nichts wollte, sich aber für die Frauenwelt interessierte.
Natürlich haben wir Männer die Entstehung des Feminismus mit Sorge betrachtet. Das schnelle Urteil: alte Lesbe! Wir Männer brauchen ja viel Zeit, solche Dinge zu verstehen und zu verarbeiten. Der Feminismus hat viele von uns in eine ewige Krise gestürzt: das liebe Hausmütterchen hat herausgefunden, was es kann und was es wert ist. Die dooferen unter uns Männern haben es zu spüren bekommen. Kann man heute also von einer neuen Kultur des Umgangs der Geschlechter miteinander sprechen? In manchen Kreisen spricht man schon vom Untergang des Mannes. In den USA scheinen jetzt mehr Frauen berufstätig als Männer. Mehr Frauen als Männer beenden ihr Universitätsstudium. Frauen mit Führungsanspruch. Männer am Ende? Wohin soll das führen?
Und der Sex? Da soll es Frauen geben, die es schamlos vor der Kamera treiben, weil Sex für sie überhaupt keine Bedeutung mehr hat. Männer, aufgepasst! Wie ich die Lage einschätze, sind wir immer noch an gutem Sex interessiert. Wie wäre es, wenn wir eine neue Romantik einleiteten? Kerzenlicht und Poesie? Das schön vorbereitete Abendessen, mit der klassischen Musik? Der schnelle Wagen, der männliche Potenz vortäuschen soll? Auf jeden Fall muss der Mann von heute intelligent und einfühlend sein, sich um seine Fingernägel kümmern und einfach die Qualitäten besitzen, die eine Frau schätzt: Geist, Humor, ein bisschen Geld, Geschmack und einen guten Schuss Erotik.
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