Abend in Kyrenia/Girne
"Nie", sagen die einen, "es muss endlich zum Durchbruch kommen", sagen die anderen. Es geht um die Wiedervereinigung der drittgrößten Insel des Mittelmeeres. Vereint war Zypern noch nie: ca. zwei Drittel der Bevölkerung sind griechische, und ein Drittel türkische Zyprer. Sie lebten zusammen, unter fremden Herrschaften, zuletzt der britischen, davor über 300 Jahre lang als Teil des Osmanischen Reiches, zu dem auch Griechenland gehörte. Jeder ging seiner Religion nach: griechisch-ortodox hie, muslimisch-türkisch da. Dann machten die Griechenzyprer Druck auf die britische Kolonialmacht, die den türkischen Bevölkerungsteil gegen die Aufständigen einsetzte. Auf Druck einer faschistischen Regierung in Athen sollte die ganze Insel Griechenland angegliedert werden. Das wollten die Türkzyprer nicht.
1960 dann entließ Großbritannien die Insel in die Unabhängigkeit. Die Verfassung sollte durch 3 Garantiemächte gesichert werden: Großbritannien, die Türkei und Griechenland. Das konnte nicht gut gehen. Der zyprische Präsident, Erzbischof Makarios, tat alles, um die türkische Minderheit zu unterdrücken. Der große Nachbar Türkei, nahm seine vertraglichen Rechte wahr und besetzte ein Drittel des zyprischen Staatsgebietes. Flüchtlinge auf allen Seiten. Gewalttätigkeiten, ja Massaker. Die Teilung der Insel dauert nun schon fast 40 Jahre. Natürlich ist alles sehr kompliziert. Der türkische Teil ist international nicht anerkannt, weil Griechenland und jetzt auch (der griechische Teil) als Mitglied der EU seit Jahren eine Art Hallsteindoktrin praktizieren: kein Zugang zu nordzyprischen Häfen und Flughäfen, Handelsboykott und antitürkische Propaganda haben verhindert, dass die türkisch-zyprische Minderheit als Staat anerkannt wird. Deshalb haben alle Versuche, beide Ethnien zusammenzuführen, nichts gefruchtet. Seit der Teilung liegen Stadtteile der Hauptstadt auf beiden Seiten brach. Wie einst im geteilten Berlin geht eine Demarkationslinie quer durch Nikosia. Geschützt durch die Vereinten Nationen. Todesfälle hat es da relativ wenige gegeben. Auf der griechischen Seite steht an der Mauer noch ein Café, das Café Berlin heißt. Es ist ziemlich heruntergekommen. Die Menschen scheinen das Interesse an der Abgrenzung allmählich zu verlieren. Die griechische Seite hat an den Grenzübergängen längst die antitürkischen Banderolen abgehängt.
Die geteilte Stadt
Vor zwei Wochen habe ich mir die (noch) geteilte Stadt angeschaut. Mitten durch das Zentrum geht jetzt ein Grenzübergang, der nur mit Pässen in den anderen Teil führt. Aufbruchstimmung ist allenthalben zu erkennen. Die lange totgeglaubten Randzonen sind jetzt belebt, voller Cafés, Restaurants und kleinen Lädchen. Neue Hoffnung scheint sich bemerkbar zu machen, doch die Verhandlungen sind zäh: die Griechisch-Zyprer wollen immer noch keine volle Gleichberechtigung für die Minderheit, auf die sie oft noch herabschauen. Die türkische Seite kann nicht einsehen, warum sie einen Status quo ante anstreben sollte, der sie dann wieder unter die griechische Vorherrschaft bringen könnte. Vertrauensbildung ist eben eine langwierige Sache. Auf Aphrodites Insel wird noch zugewartet. Ich versuche, beide Seiten zu verstehen, denn über diesen jahrelangen Auseinandersetzungen ist immer eines zu kurz gekommen: die unerhörte Schönheit der gesamten Insel und die Liebenswürdigkeit ihrer Bewohner.
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