Wir haben zusammen gesungen. Spielerisch hast du mir spanische Lieder beigebracht. Deine herrliche Stimme war auch im Russischen Chor wohlgelitten. Du hattest den Rang eines Stars. Ich dagegen, liebte zwar den Gesang, doch meine Stimme quiekt auch heute noch. Alle möglichen Talente hat man dir nachgesagt. Du hattest sie. Reden wir von Philosophie, Theologie, Literatur, Sprache, Musik, Menschenkunde: alles hast du mit Leichtigkeit, und doch mit dem nötigen Ernst betrieben. Auch viel geschrieben.
Wir haben nie über Freundschaft gesprochen, doch war sie allgegenwärtig. Wir haben nie gestritten. Dafür liebten wir das Lachen und die schönen Seiten des Lebens zu sehr. Wir haben auch Schläge entgegengenommen: ich verlor meine Eltern, du deine geliebte Schwester, dann den Schwager, dann, nach langen schönen Jahren, deine geliebte Mutter. Wir standen beide irgendwie im Leben und sahen wenig Anlass, an uns zu zweifeln. Viele nannten sich deine Freunde. Und waren es.
Die Jahre gingen dahin. Eva trat in dein Leben. Nur wer die Liebe selbst erlebt hat, weiß, was das bedeutet. Wir freuten uns alle, gaben großzügig ein Stück unserer Freundschaft an sie ab. Im Zeitalter der Ökonomisierung der Werte, eine gewinnbringende Investition. Logisch, dass man dich nur noch selten zu sehen bekam. Auch dein Ruhestand, nachdem du dich von der Universität zurückgezogen hattest, war voller Aktivität: Schreiben, etwas tun, um dem Leben den nötigen Sinn zu geben. Dennoch warst du uns immer gegenwärtig. Irgendwie.
Jetzt müssen wir auf Erinnerungen zurückgreifen. Daran denken, wie du, Eva zuhause zurücklassend (weil sie als Augenärztin genug zu tun hatte), mit mir und einem Freund drei Tage lang durch Rioja fuhrst, um Wein zu probieren. Du machtest uns damit ein herrliches Geschenk, das mit dem Kauf von 1200 Flaschen Rioja Crianza endete, die per LKW nach Deutschland verfrachtet und dort innerhalb von nur drei Jahren getrunken wurden.
Dein Umgang mit der deutschen Sprache war liebevoll, intelligent und kreativ: Mit der intimen Kenntnis deiner eigenen Muttersprache und der grenzenlosen Möglichkeit von Wortschöpfungen im Deutschen wurden verbale Ungeheuerlichkeiten geschaffen, über die man sich totlachen konnte und die man hätte festhalten sollen. Doch alles Schöne geht vorüber, flüchtige bis tiefe Erinnerungen hinterlassend. Ernesto Martinez Diaz de Guerenu, du lieber Freund für immer, die Nacht ist hereingebrochen.
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